alba blau / TAUMELPFADE

20. Mai bis 5. Juli 2006




8 KÜNSTLERINNEN -

Ute Appelt-Lillack, Genovewa, Ulrike Kirchner, Andrea Lange, Martha, Bärbel Mohaupt, Susanne Spies, Ute Walter

zeigen Malerei Grafik Skulptur

 

 

 

Auf Taumelpfaden durch den Schuppen

,,alba blau" stellt in Glashütte aus

 

Wer das Wort ,,Alba" liest, mag zuerst an Berlins populäre Basketballmannschaft schaft denken. Das Team jedoch, das gegenwärtig den Packschuppen im Museums-dorf Glashütte bespielt, hat mit Sport wenig zu tun. Acht Frauen in den besten Jahren sind es, die sich Alba nennen und hier ausstellen. Da sie alle in Wittenberg wohnen und arbeiten, haben sie den alten Namen der Elbe, Alba, aufgegriffen und zum Markenzeichen ihrer Künstlerinnengemeinschaft gemacht.Doch da gibt es noch den Zusatz ,,blau". Sollte es die Hoffnung sein, dass das Wasser der Elbe tatsächlich einmal blau wird? Oder will man sich auf die Farbe Blau beziehen, die in der Kunstgescbichte vom blauen Mantel der Madonna über die Blaue Blume der Romantik, der Blauen Periode Picassos bis zur Künstler-Vereinigung Blauer Reiter als Farbe der Weite und der Tiefe in mystischem Bezug eine besondere Rolle gespielt hat?Von Mystik ist keine Spur in der Ausstellung, die sich ,,Taumelpfade" nennt. Im Gegenteil: Es sind sehr gegenwärtige, zupackende Arbeiten.

 

Die Überraschung findet sich in der äußersten Ecke. Das sind die Holzschnitte von Andrea Lange. Was sie in Glas-hütte zeigt, zum Teil als Farbholzschnitte, sind in Form und Ausdruck expressive Arbeiten ten, in denen sich in der Überhöhung der Form gerade bei der menschlichen Figur existenziell erschütternde Situationen ausdrücken. Die Sparsamkeit im Einsatz wie gleichermaßen in der Exponiertheit weißer Flächen innerhalb der Bildkomposition bringt Spannung ins Bild, die gesteigert wird durch das Hinausdrängen der Figur aus dem Bild. Klassisch gut und herausragend ist das Gedenkblatt für Hilde Domin, leider verbannt in die äußerste Ecke des Galerieraumes.

 

Großzügig bedacht mit Ausstellungsfläche ist Ulrike Kirchner. Ihre farbigen Arbeiten sind wie von einem Sturmwind durchzogen. Ihre weit auf dem Bild ausgreifenden Farbschwünge sammeln sich in gerundeten Formen, die Behütet sein suggerieren; eine Insel, eine Muschel, ein Boot.

 

Bleiernes Licht liegt auf den Motiven von Susanne Spies. Pegasus, das Musenross, das den Künstler himmelwärts trägt, ist im Bild zur traurigen Gestalt geworden, deren Flügelstümpfe kaum zum Höhenflug taugen.

 

Auffällig in ihrem temperamentvollen Duktus und einer grafisch wie farbig spannungs-vollen Bildorganisation sind die Arbeiten von Martha. Demgegenüber wirken die in dekorativ flächigen Formen angelegten Bilder von Ute Walter geradezu kühl.

 

Mit nur einer mehrteiligen nonfigurativen Arbeit ist Bärbel Mohaupt vertreten. Größten Publikumszuspruch genießt die gläserne beleuchtete Installation ,,Waldaquarium" von Genoveva, 1995 nach Glashütte gekommen, nach vier Jahren aber der Waldeinsamkeit nach Wittenberg entflohen.

 

Auch die Skulptur ist in der Ausstellung nicht vergessen. Auf dunklen Sockel stehen in warmem Braun die unterschiedlichsten Figuren, alle betitelt mit ,,Spiegelbild". Soll man sich selbst darin suchen und finden? Das Eigenartige, schwer Erklärbare der Schau ist, dass man immer wieder beim Rundgang zurückgeht, erneut hinschaut, Vergleiche anstellt — man ist tatsächlich auf ,,,Taumelpfaden", - nicht verwirrend, sondern durchaus anregend.

 

ARNO NEUMANN, Märkische Allgemeine, 23. Mai 2006